11 Nov

Teilnehmerbericht Life with Treff

Der Tod meiner Schwester hat mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Ich habe nie gedacht, dass meine 20-jährige Schwester mich so früh verlassen muss.

All die anschliessenden (Sinnes-) Fragen, die mir niemand beantworten konnte und der ganze Schmerz, den niemand lindern konnte, waren vor allem im ersten Jahr unerträglich. Obwohl ich viele gute, hilfsbereite Menschen an meiner Seite hatte, fühlte ich mich doch oft alleine. Die wichtigste Person in meinem Leben fehlte und niemand schien diese Leere zu verstehen.

Bei Life with treffe ich auf Menschen mit ähnlichen Schicksalsschlägen. Alle 6 Monate organisiert das Leitungsteam ein Treffen, bei welchem den verstorbenen Geschwistern

Raum gegeben wird. Das leider so oft tabuisierte Thema ‘’Tod» und alle Fragen und Gedanken können offen diskutiert werden. Ich kann meine Probleme im Alltag bereden und auch mal Wut und Enttäuschung ausdrücken.

Obwohl mich die Geschichte von den anderen Teilnehmern oft sehr mitnimmt, kann ich viel von ihren Erfahrungen und Ansichten lernen. Es ist auch schön, die persönliche Entwicklung der Teilnehmer von Treffen zu Treffen zu sehen, das gibt mir sehr viel Kraft und vor allem Hoffnung. Hoffnung, dass ich es schaffen werde. Schaffen heisst in diesem Sinn nicht, dass der Schmerz verschwinden wird, sondern dass ich lerne, mit diesem Schmerz umzugehen und meine Schwester auf eine andere Art und Weise in mein Leben einbinde als ich es bisher gewohnt war.

Lifewith hilft mir, meinen Schmerz besser zu ertragen und ermöglicht es, mich mit Menschen mit ähnlicher Geschichte auszutauschen und zu vernetzen. Ich fühle mich aufgehoben und verstanden, egal in welcher Trauerphase ich gerade bin. Ich bin enorm dankbar für diese einzigartige, wertvolle Möglichkeit.

24 Mrz

Ein Nachmittag mit „Life with“… – Bericht vom Lifewith Treff vom 09.02.2019

Life with – wenn ein Geschwister stirbt. Wie ist das überhaupt wenn ein Geschwister stirbt?
Seit mein Bruder im Oktober 2017 bei einem Helikopterabsturz über dem offenen Pazifik auf Hawaii als verschollen gilt, haben ich und damit auch mein Leben sich verändert.

Ich gehe trotzdem zur Arbeit, lache, weine, freue mich über Kleinigkeiten. Die Ambition mit diesem Schicksalsschlag zurecht zu kommen ist meist grösser, als die Trauerwellen, die mich mal mehr und mal weniger einholen. Aber warum überhaupt Ambition und Ehrgeiz stark sein zu wollen? „Trauerauslebung“ – ein Fremdwort. Vielleicht liegt es daran, dass die meisten Menschen da draussen denken „es war eben dein Bruder“. Hört sich viel weniger schlimm an als „es war der Sohn“ oder „es war mein Mann“. Als Geschwister bist Du stark. Du tröstest deine Eltern, den trauernden , schockierten Besuch zu Hause oder die Oma am Telefon. Aber selten wirst du gefragt: Wie geht es dir überhaupt? Was hat dir dein Bruder bedeutet? Wie kommst du klar?

Das ein oder andere Mal wollte ich an eine öffentlich angebotene Trauerrunde gehen. Gemacht habe ich es nie. Ich wollte wissen wie es anderen Menschen geht, die ihr Geschwister verloren haben. Ob sie sich so fühlen wie ich. Wie sie mit ihrem Schmerz umgehen.

Im Internet habe ich „Life with“ gefunden. Ein Angebot speziell für trauernde Geschwister und genau das, was ich gesucht habe. Das Treffen im September 2018 habe ich knapp verpasst; im Februar 2019 konnte ich teilhaben. Obwohl ich mir diesen Nachmittag sehr herbeigesehnt habe, war mir sehr mulmig zu mute. Die Leiter waren nett und einladend, Verpflegung war angerichtet und nach und nach trudelten ca. 13 Menschen ein, die alle ihr Geschwister verloren hatten. Ich glaube das war meine tröstende Einsicht. Sie sehen alle normal aus. Wie ich. Aber sie tragen den gleichen Schmerz und teilen ähnliche Gedanken. Wir mussten nicht miteinander reden. Wir wussten wie sich das Gegenüber fühlt. Ein unsichtbares Band, was uns verband und dem Nachmittag für mich so unvergessen machte.

Danke für diese Möglichkeit des Gedankenaustauschs und die Vernetzung mit Menschen mit dem gleichen Schicksal wie ich.

21 Okt

Life with Bericht vom 15. September 2018

Das neue zusammengesetzte Leitungsteam mit Fritz, Tina und Nicole empfing die Teilnehmenden an diesem sonnigen Tag in den Räumlichkeiten am schön gelegenen Kluspark. Wir nahmen im Kreis Platz und starteten mit gegenseitigen Vorstellungsrunde. Vor der weiteren Runde erzählte Nicole eine Geschichte von einer Oma und ihrem wertvoll gehegten Bleistift. Diese schilderte Metaphern zu unserem Leben und dass das Schreiben mit einem Bleistift Spuren hinterlässt, wie wir alle in unserem Leben sowie auch unsere verstorbenen Geschwister in unseren Herzen ihre Spuren hinterlassen haben.

Anschliessend starteten wir mit persönlichen Geschichten zu unseren Geschwistern. Bei dieser Gelegenheit zündeten wir ein Kerzlein an zum Gedenken an unsere viel zu früh verstorbenen Schwestern und Brüder. Nach dieser intensiven Runde waren wir froh, eine Pause einzulegen und uns mit etwas Süssem zu stärken.

Als nächstes teilten wir uns in zwei Gruppen auf und suchten uns ein sonniges Plätzchen im schönen Park. Wir hatten sehr interessante Gespräche, wo es darum ging, wie wir mit dem Verlust umgehen. Wir tauschten uns auch darüber aus, wie wir die Trauer erleben und welche auch manchmal komischen Dinge sie mit uns anstellen lässt. Jede Geschichte ist wieder anders, doch es unterstützt einem sehr, sich mit anderen Geschwistern auszutauschen, die ebenso ihre Schwester oder ihren Bruder vermissen.

Über den Verlust meines Bruders zu sprechen, fällt mir nicht immer leicht. Doch mir tut es sehr gut und ich fühle mich nach diesem Nachmittag erleichtert. So frage ich mich nun erneut, wie ich meinem Geschwister seinen Raum in meinem Leben schenken kann, wodurch ich gestärkt meinen weiteren Weg gehen kann.

01 Apr

Life with Bericht vom 17. Februar 2018

Dies war mein zweites Treffen an dem ich teilnahm. Für mich ist dies ein Raum, welchen ich um den gemeinsamen Austausch sehr schätze. Ich freue mich auf den Treff und bin auch etwas nervös.

In einer Runde stellten wir uns und unser Geschwister vor und zündeten symbolisch eine Kerze an. Die Gemeinsamkeit über den Verlust einer Schwester oder eines Bruders stellt sehr schnell eine Verbundenheit her. Obwohl jeder eine eigene Geschichte hat sind Geschwister sehr prägend und haben uns alle einen wichtigen Teil unseres Lebens begleitet. In diesem Raum finden Emotionen, Fragen und Erfahrungen Platz. Wir teilten danach die Gruppe und konnten uns individueller den Themen zuwenden. Die verschiedenen Probleme, Erfahrungen durch den Verlust wurden zusammen ausgetauscht. Die Welt von jedem schien für mich einen Moment durch den Tod still zustehen und hat sich bei jedem verändert.

Für mich ist dies ein Ort, an dem ich als Schwester meinen Verlust mit anderen teilen kann, welche wissen von was das ich rede. Das Verständnis zeigt mir das ich nicht alleine bin. Ich gehe mit einem befreienden Gefühl nach Hause. Herzlichen Dank!

29 Okt

Life with Treff – Bericht vom 02.09.2017

Gespannt stehe ich am Bahnhof und begebe mich auf die Anreise nach Zürich. Wen ich heute wohl alles treffen werde? Ich erinnere mich an meinen ersten Lifewith-Treff zurück, bei welchem ich deutlich nervöser war, zumal auch die direkte Tramlinie damals ausfiel und ich nicht wusste, was mich erwarten und wie es für mich wird. Seither ist bereits ein Jahr vergangen – wie die Zeit verfliegt!

Als ich an der Tramhaltestelle in Zürich ein bekanntes Gesicht entdecke, spüre ich, wie sehr mich dieses Wiedersehen freut und es sich so richtig anfühlt, hier zu sein! Gemeinsam reisen wir zum Klusplatz, tauschen uns aus und so schnell wie noch nie stehen wir an der Endstation. Vor dem Eingang begrüssen wir Fritz und die weiteren bereits anwesenden Teilnehmerinnen, bekannte und unbekannte Gesichter. Gemeinsam gehen wir hoch, wo wir auf weitere neue Gruppenmitglieder treffen. Schön, dass sich auch heute wieder rund ein Duzend Personen Zeit genommen haben, um sich hier zu treffen, auszutauschen und bewusst an sein fehlendes Geschwister zu denken.

Der Treff

Fritz hat den Raum mit Kerzen, Getränken, Snacks, Taschentüchern gemütlich eingerichtet und ein schönes Blumenarrangement schmückt den Tisch passend.
Nach einer Begrüssung und dem organisatorischen Austausch stellen wir uns selbst und unser verstorbenes Geschwister uns gegenseitig vor. Dazu dürfen wir für das Geschwister eine Kerze anzünden. Als ich an der Reihe bin, merke ich, wie es mich erneut sehr berührt, vom Geschwister zu erzählen und dank dem Kerzenlicht spüre ich, dass ich nicht alleingelassen und von den Anwesenden wortlos verstanden werde.
Die unterschiedlichen persönlichen Schicksalsschläge gehen mir jedes Mal nahe und berühren mich. Eine Kerze nach der anderen wird entfacht, bis am Schluss vierzehn Kerzen vor sich hinflackern, für jedes zu früh von uns gegangene Geschwister eine. Wir gönnen uns einen Moment der Stille, um an unsere Geschwister zu denken und den Kerzenschein bewusst wahrzunehmen und die spezielle Stimmung auf uns wirken zu lassen.
Anschliessend teilen wir uns in zwei Gruppen auf und richten uns in den beiden Gruppenräumen gemütlich in den Korbstühlen ein. Ein Zufall, dass für alle Anwesenden genau ein Korbstuhl bereitsteht und es genau aufgeht?
Die Gespräche und der Austausch in der Gruppe tun mir gut und viel zu schnell vergeht der gemeinsame Nachmittag.

Ich finde jedes Mal erneut wieder schön zu spüren, wie verstanden, akzeptiert und getragen ich mich hier fühle, obwohl wir uns erst gerade begegnet sind, aus total unterschiedlichen Ecken der Schweiz und Lebenswelten stammen, viele verschiedene Interessen pflegen und uns auch sonst kaum kennen. Hier kann ich so sein, wie ich bin und mich gerade fühle – und ich werde verstanden. Die traurige gemeinsame Basis verbindet und ich kann mich oft wortlos in die Empfindungen der anderen einfühlen, weiss, was sie damit beschreiben und was in ihnen vorgeht, da wir dies alle auch irgendwie kennen und erlebt haben.

Nachdem wir die beiden Zimmer aufgeräumt und gelüftet haben, verabschieden wir uns voneinander und gehen gemeinsam zur Tramstation. Spontan entscheiden sich einige gemeinsam noch etwas trinken bzw. essen zu gehen. Dies finde ich eine gute Idee, um sich auch sonst noch kennen zu lernen und schliesse mich gerne an. Ich stelle fest, dass es heute nicht wie die beiden letzten Male regnete. Doch kaum haben wir unser Essen eingekauft, um es gemütlich am See einnehmen zu können, schüttet es plötzlich und unerwartet wortwörtlich wie aus Eimern. Ich traue meinen Augen nicht, da nahm mich wohl jemand beim Wort. Wir finden zum Glück dennoch ein trockenes Plätzchen, geniessen unser Essen, tauschen uns aus und begeben uns anschliessend auf die Heimreise zurück in unseren Alltag.

Ich danke Fritz für die Organisation und die damit verbundenen Besorgungen, danke allen, die sich für den heutigen Tag Zeit nahmen.

Ich selbst finde diesen Austauschtag immer wieder eine Bereicherung und danke euch allen für die offenen, herzlichen Gespräche und Begegnungen, die mich immer wieder von neuem berühren.
Danke euch und eine gute Zeit. bis zum nächsten Treffen!

Verfasserin: eine Treff-Teilnehmerin

25 Sep

Life with Treff – Bericht vom 03.09.2016

Es ist Samstag der 03.09.16, ein wolkenloser und sehr warmer Tag im Spätsommer. In kurzen Hosen und T-Shirt fahre ich mit dem Zug nach Zürich zum Lifewith Treff. Nicole, die andere Leiterin wartet bereits auf mich. Nach und nach treffen die anderen Teilnehmerinnen ein. Manche Gesichter sind neu, andere bereits vertrauter. Aufgrund des schönes Wetters suchen wir uns einen gemütlichen Platz im schönen Park gleich neben dem Selbsthilfezentrum.

In einer ersten Runde stelKlus Park, Jupiterstrasse, Zürichlen wir uns vor, erzählen etwas über das verstorbene Geschwister und sagen welche Themen uns zur Zeit beschäftigten. Ich finde es immer wider interessant, wie unterschiedlich die Themen sind und wo sich jeder uns im Trauerprozess befindet. Heute reden wir z.B. über die extremen Auf und Ab während den ersten beiden Trauerjahren. Bei der weiteren Diskussion ist mir aufgefallen, dass, egal wie lange der Tod unserer Gewister her ist, spezielle Orte wichtig sind. Sei dies z.B. ein Friedhof oder ein See. An diesen Orten können wir trauern, unserem Geschwister nahe sein und wieder Kraft für den Alltag schöpfen. Sie können aber auch bei schwierigen Entscheidungen wichtig sein.

In der Pause gibt’s ein feines Glace für jeden. Nach dem Feedback möchten wir wissen, ob der Samstag Nachmittag für ein weiteres Treffen geeignet ist oder ob ein anderer Zeitraum idealer wäre. Alle sind sich einig. Auch zukünftige Treffen werden an einem Samstag Nachmittag stattfinden.

Ich bin froh, dass ich wieder einmal über meinen verstorbenen Bruder reden konnte mit Menschen, die dasselbe durchmachen wie ich. Mit einem guten Gefühl steige ich in den Zug Richtung Ostschweiz.